Anschaffungszeitpunkt von Aktien beim Wandlungsrecht zum Umtausch aus vorhandenen Wandelschuldverschreibungen
Ein Bankangestellter nutzte bei seinem Arbeitgeber, einer Bank, das Angebot zur Zeichnung von Wandelanleihen. Vertragsgemäß verpflichtete sich die Bank zur Auszahlung des Nennbetrags der Anleihen nach Ablauf von 10 Jahren. Während der Laufzeit bestand die Möglichkeit zum Umtausch in Aktien der Bank. Dabei war für jede erworbene Aktie eine geringe Zuzahlung zu leisten. Der Bankangestellte machte bereits nach 10 Monaten von dem Wandlungsrecht Gebrauch. Nach weiteren 11 Monaten verkaufte er die Aktien. Den dabei erzielten Gewinn wertete das Finanzamt als einen steuerpflichtigen Gewinn aus privaten Veräußerungsgeschäften. Ein solches liegt vor, wenn zwischen Erwerb und Verkauf von privaten Wirtschaftsgütern ein Zeitraum von nicht mehr als einem Jahr liegt.[1]
Der Bundesfinanzhof[2] bestätigte dies. Die Anschaffung der Wandelschuldverschreibungen ist entgegen der Meinung des Steuerzahlers nicht in die Berechnung der einjährigen steuerschädlichen Frist zwischen Anschaffung und Veräußerung einzubeziehen. Das Wandlungsrecht ist als Wahl- und Gestaltungsrecht anzusehen. Es findet eine rechtsgestaltende Umwidmung des Anleiheverhältnisses in eine Aktionärseinlage statt. Der Kauf der Wandelschuldverschreibungen und der spätere von der Leistung einer Zuzahlung abhängige Umtausch in Aktien stellen keinen steuerlich einheitlichen Vorgang dar. Anschaffungszeitpunkt der Aktien war deshalb der Zeitpunkt des Umtauschs der Wandelschuldverschreibungen in Aktien. Da die Veräußerung der Aktien nur 11 Monate später stattfand, lag ein steuerpflichtiges privates Veräußerungsgeschäft vor.
[1] § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG.
[2] BFH, Urt. v. 1.10.2014, IX R 55/13, BFH/NV 2015, S. 391, DStR 2015, S. 223.