Neues von „Currywurst, Pommes & Co.“ – Umsatzsteuersatz bei der Abgabe von Speisen
Eines der „ewigen Probleme“ des Umsatzsteuerrechts ist wohl die Frage nach dem anzuwendenden Steuersatz bei der Abgabe von Speisen: 7 % bei Lieferung oder 19 % bei sonstiger Leistung?
Nachdem durch das BMF-Schreiben vom 16.10.2008 (BStBl. 2008 I S. 949) bereits viele Fragen (zumindest aus der Sicht der Finanzverwaltung) geklärt schienen, bringt die mit Spannung erwartete Entscheidung des EuGH vom 10.03.2011 (verbundene Rechtssachen C-497/09, C-499/09, C-501/09 und C-502/09 nach Vorabentscheidungsersuchen des BFH) erneut Bewegung und Licht in die Thematik. Der EuGH äußert sich grundlegend zu den Problembereichen
- Imbissstand
- Kino
- Partyservice.
An dieser Stelle wird lediglich auf die Auswirkung auf die Behandlung in Imbissständen eingegangen. Hier war in der Vergangenheit das Hauptaugenmerk der Finanzverwaltung auf die Zurverfügungstellung und tatsächliche Nutzung von Verzehreinrichtungen gerichtet. Teil des ewigen Streits waren häufig Verkaufstheken und Ablagebretter an Imbissbuden. Nach erneuter Ausführung und Bestätigung seiner bekannten Auslegungs- und Abgrenzungskriterien zur einheitlichen Leistung bzw. der Annahme von Haupt- und Nebenleistung stellt der EuGH für die Abgabe von Speisen in Imbissbuden insbesondere Folgendes klar:
Die Zubereitung des „warmen Endprodukts“ (Pommes frites, Bratwurst etc.) beschränke sich auf einfache, standardisierte Handlungen und stelle regelmäßig nicht den überwiegenden Bestandteil des Umsatzes dar. Folglich kann in diesen Fällen (Achtung, anderes gilt z.B. schon beim Partyservice) die Tätigkeit des Zubereitens allein kein für die Annahme einer Lieferung schädliches Dienstleistungselement sein.
Die Bereitstellung behelfsmäßiger Vorrichtungen (einfacher Verzehrtheken ohne Sitzgelegenheit) erfordere nur einen geringen personellen Aufwand und stelle damit nur eine geringfügige Nebenleistung dar, die nichts am dominierenden Charakter der Hauptleistung (= Lieferung von Gegenständen) ändern könne. Ein Benutzen solcher Vorrichtungen sei für die Bestimmung der Leistungsart (Lieferung oder sonstige Leistung) ohne Bedeutung, da eine solche Nebenleistung nicht die Natur des (einheitlichen) Umsatzes bestimmen könne.
Auch verzehrfertig zubereitete Lebensmittel („Speisen und Mahlzeiten zum sofortigen Verzehr“) unterliegen bei ihrer Lieferung dem ermäßigten Steuersatz.
Insofern mag an dieser Front „Entwarnung“ zu erwarten sein: Weder das Zubereiten der Pommes oder Bratwurst, noch das Vorhandensein und Benutzen von Ablagebrettern, Stehtischen etc. führen zur Annahme einer mit 19% zu besteuernden sonstigen Leistung.
Die Umsetzung dieser Rechtsprechung durch die deutsche Finanzverwaltung ist jedoch abzuwarten. Zwar hat der EuGH sich zu einigen Konstellationen deutlich geäußert, nicht jedoch zu allen Praxisfällen. So verbleibt beispielsweise Spielraum bei der Qualifizierung von Verzehreinrichtungen zwischen einfachem Stehtisch und Restaurant-Tisch mit Ambiente, der allerdings möglicherweise von der Finanzverwaltung klarstellend erfasst wird. Zudem ist die für Imbissstände und Kinobetreiber weitgehend positive Entwicklung nicht auf einen Partyservice übertragbar: Hier qualifiziert der EuGH anhand der regelmäßig weitergehenden Dienstleistungselemente überwiegend in „sonstige Leistung“, d.h. Regelsteuersatz. Insbesondere die Frage, wann das Zubereiten die Grenze der bloßen „Standardzubereitung“ überschreitet und damit zur Annahme einer sonstigen Leistung führt ist im konkreten Fall auslegungsbedürftig. Jedoch ist auch hier baldige „Abhilfe“ durch die Finanzverwaltung zu erwarten.