Disquotale Einlage in GmbH – schenkungssteuerliche Beurteilung
Problem
Führen überquotale (disquotale) Einlagen einzelner Gesellschafter zu einer schenkungsteuerlichen Bereicherung der übrigen Gesellschafter, die keine oder nur geringere Einlagen erbringen?
Beispiel:A und B sind zu je 50 % Gesellschafter der AB-GmbH. A erbringt eine (offene oder verdeckte) Einlage in das Vermögen der GmbH, durch die sich der Wert des Anteils des B um 500.000 EUR erhöht.
Liegt eine Schenkung des A an den B vor?
Ausgangslage
Nach Auffassung der Finanzverwaltung in R 18 Abs. 3 und H 18 der ErbStR war eine freigebige Zuwendung unter Lebenden gem. § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG von A als Schenker an B als Erwerber zumindest unter gewissen Voraussetzungen möglich.
Der BFH hatte jedoch bereits mit Urteil vom 07.11.2007 II R 28/06, BStBl 2008 II S. 258 im Falle einer verdeckten Gewinnausschüttung einer GmbH an eine dem Gesellschafter nahestehende Person die schenkungsteuerlichen Leistungsbeziehungen (d.h. die Frage, welche Person als Schenker, welche als Erwerber anzusehen ist) nach den zugrunde liegenden zivilrechtlichen Vereinbarungen beurteilt und die ertragsteuerliche „Fiktionstheorie“ (bzw. eine wirtschaftliche Betrachtungsweise) für nicht anwendbar erklärt. Somit wurde in der verdeckten Gewinnausschüttung keine Schenkung des Gesellschafters an die nahestehende Person (= Ehefrau) gesehen.
BFH-Urteil vom 09.12.2009 II R 28/08
Im Urteilsfall erfolgte eine Erhöhung des Stammkapitals einer GmbH. Die neuen Stammeinlagen wurden nur von einem der Altgesellschafter („Ehemann“), im Übrigen von einem Neugesellschafter übernommen. Die Einlagen wurden durch Einbringung von Anteilen an einer zweiten GmbH erbracht. Der Wert der eingebrachten Anteile überstieg jeweils den Nominalwert der Stammeinlage um ein Vielfaches.
Dadurch trat unzweifelhaft eine Wertsteigerung der Anteile der an der Kapitalerhöhung nicht beteiligten Altgesellschafter (insbesondere „Ehefrau“) ein.
Der BFH sah jedoch keine Schenkung des Ehemanns (einbringender Gesellschafter) an die Ehefrau (nicht an der Einbringung beteiligter Gesellschafter) als gegeben an. Er betont vielmehr eine komplette Abschirmwirkung der GmbH aufgrund der „rechtlichen Eigenständigkeit des Gesellschaftsvermögens der GmbH“. Es fehle an einer zivilrechtlichen Vermögensverschiebung zwischen dem Ehemann und der Ehefrau. Eine wirtschaftliche Betrachtungsweise lehnte er (erneut) kategorisch ab.
Zusammenfassung
Die Entscheidung ist eine stringente Fortführung der Rechtsprechung zur Bestimmung der Leistungsbeziehungen bei freigebigen Zuwendungen unter Lebenden i.S.d. § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG mit Urteil vom 07.11.2007: Maßgeblich ist allein die strenge zivilrechtliche Beurteilung. Der BFH stellt dabei ausdrücklich klar, ggf. von der in R 18 Abs. 3 ErbStR dargestellten Auffassung der Finanzverwaltung abzuweichen. Bemerkenswert ist die Kürze der Entscheidung: Die Urteilsgründe umfassen nicht mehr als eine Seite. Damit lässt der BFH wohl auch bei abweichenden Einlagesachverhalten (z.B. verdeckte Einlagen) keinen Raum, entgegen dem Zivilrecht einen Weg „an der Kapitalgesellschaft vorbei“ zur schlussendlich begünstigten Person zu finden.
Die Auffassung ist allein wegen ihrer Einfachheit zu begrüßen; lt. Mitteilung des BMF vom 21.07.2010 ist die Entscheidung zur Veröffentlichung im BStBl bestimmt und damit allgemein anwendbar.